Die Diagnose

Autoimmunerkrankungen der Leber können über lange Zeit unauffällig verlaufen, ganz ohne oder mit nur unspezifischen Symptomen wie Abgeschlagenheit oder Gelenkbeschwerden. Deshalb wird die Diagnose in vielen Fällen erst spät gestellt – obwohl ein früher Therapiebeginn Dauerschäden vermeiden könnte. Also kommt es darauf an, frühe Zeichen einer autoimmunen Lebererkrankung richtig zu deuten, und dann gezielt weitere Untersuchungen durchzuführen.

Erhöhte Leberwerte
Häufig fallen als erstes Anzeichen einer autoimmunen Lebererkrankung erhöhte Werte der Leberenzyme im Blut auf. Das sind Proteine (auch Eiweiße genannt), die vor allem in den Zellen der Leber vorkommen, bei einer Schädigung der Zellen in die Blutbahn gelangen und dort mit einem Bluttest messbar sind. Die wichtigsten Leberenzyme sind:

GOT (Glutamat-Oxalacetat-Transaminase), gleichbedeutend mit AST (Aspartat-Aminotransferase) GPT (Glutamat-Pyruvat-Transaminase), auch ALT (Alanin- Aminotransferase) genannt ?-GT (Gamma-Glutamyltransferase) AP (Alkalische Phosphatase)

Diese „Leberwerte“ steigen jedoch bei vielen Erkrankungen der Leber an und werden deshalb leicht falsch gedeutet. Sind sie nur mäßig erhöht und fehlen andere Symptome, werden die Ergebnisse oft als unbedeutender Nebenbefund angesehen.
Doch gerade geringe Erhöhungen der Leberwerte können auf eine autoimmune Ursache hinweisen. Sie sollten deshalb immer Anlass geben, an die Möglichkeit einer autoimmunen Lebererkrankung zu denken, und weiter nachzuforschen. So können viele Erkrankungen schon im Frühstadium entdeckt werden – und sind dann wirksam zu behandeln.

Autoantikörper
Bei Autoimmunen Lebererkrankungen richtet sich die eigene Immunabwehr gegen körpereigene Zellen in der Leber. Dabei bildet das Immunsystem so genannte Autoantikörper. Das sind spezialisierte Eiweißstoffe, die sich an ganz bestimmte Teile der Leberzellen anheften und sie schädigen. Die meisten Autoantikörper kommen auch bei anderen Autoimmun-Erkrankungen vor, sie sind also kein eindeutiges Zeichen. Aber sie liefern Hinweise für die richtige Diagnose.
Bei einigen Patienten werden so genannte SLA-LP-Autoantikörper gebildet. Ihr Nachweis ist ein deutlicher Hinweis auf die Diagnose Autoimmune Hepatitis, da sie bei anderen Erkrankungen so gut wie nie vorkommen.

Gewebeuntersuchung (Biopsie)
Um bei einem Verdacht auf eine autoimmune Lebererkrankung die Diagnose zu sichern, ist fast immer eine direkte Untersuchung von Lebergewebe notwendig – die Leberbiopsie. Dazu wird unter örtlicher Betäubung und Ultraschallkontrolle eine spezielle Nadel von außen in die Leber vorgeschoben. Bei Bedarf bekommen die Patienten ein Beruhigungsmittel, so dass die Untersuchung kaum belastend ist.

Nach dem Herausziehen der Kanüle befindet sich darin etwas Lebergewebe, das jetzt unter dem Mikroskop untersucht werden kann. Spezifische Merkmale der Leberzellen, der Gallengänge und des stützenden Bindegewebes geben dem Pathologen Hinweise darauf, ob eine autoimmune Lebererkrankung vorliegt, und um welche Form es sich handelt.

Als Alternative zur herkömmlichen Leberbiopsie steht die Minilaparoskopie zur Verfügung, die ebenfalls mit örtlicher Betäubung durchgeführt wird. Damit kann über ein dünnes Rohr, das links oberhalb des Nabels in den Bauchraum eingeführt wird, die Oberfläche der Leber begutachtet werden und eine gezielte Gewebeentnahme unter Sicht erfolgen. Das ist bei autoimmunen Lebererkrankungen ein Vorteil, weil hier die typischen Veränderungen ungleichmäßig über das Organ verteilt sind. Die Minilaparoskopie ermöglicht auch bei erhöhter Blutungsneigung eine Entnahme von Lebergewebe, da eventuell auftretende Blutungen sofort und unter Sicht verödet werden können.

Intuition
Die Diagnose einer Autoimmunerkrankung der Leber ist keine medizinische Routine. Sie ergibt sich, wie bei vielen anderen Krankheitsbildern auch, aus dem Gesamtbild der Symptome und Befunde. Dabei hilft Erfahrung mit diesen eher seltenen Krankheitsbildern. Entscheidend ist es, bei vorhandenen Befunden an die autoimmunen Lebererkrankungen zu denken und eine entsprechende Diagnostik einzuleiten. Die richtige Intuition kann bleibende Leberschäden verhindern und so für das Leben eines Patienten von unschätzbarem Wert sein.

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