Was ist Autoimmunität?

Die Immunabwehr schützt Zellen und Gewebe vor schädlichen Einflüssen, und damit den Organismus vor Erkrankungen. Doch die Abwehrkräfte können auch körpereigene Strukturen angreifen und verursachen dann selbst Krankheiten.

Diese so genannte Autoimmunität (auto bedeutet selbst) kann sich gegen nahezu jedes Ziel im Körper richten. Entweder schädigt das eigene Immunsystem ein Organ, zum Beispiel die Leber. Oder es wirkt sich schädigend auf den ganzen Körper aus. Einmal in Gang gekommen geht der irrtümliche Angriff dauerhaft weiter und kann Organe ganz zerstören. Nur durch eine effektive medizinische Therapie ist der Verlauf dann aufzuhalten. Deshalb ist eine möglichst frühzeitige Diagnose bei Autoimmun-Erkrankungen von entscheidender Bedeutung.

Falsche Programmierung
Warum die Abwehr sich gegen körpereigene Strukturen richtet, ist nicht im Detail geklärt. Offenbar kommt es zu einer falschen Programmierung des Immunsystems. Einige Auslöser sind bekannt: Oft beginnen Autoimmun-Erkrankungen nach einer Infektion oder im Zusammenhang mit den hormonellen Umstellungen einer Schwangerschaft. In beiden Fällen ist das Immunsystem auf besondere Weise gefordert und kann dabei auf die falsche Bahn geraten. Auch die Einnahme bestimmter Medikamente kann das Immunsystem in die Irre führen.

Wenn zum Beispiel ein Teil eines Infektionserregers große Ähnlichkeit mit einer körpereigenen Struktur hat, kommt es vor, dass die Abwehr nicht nur den Erreger, sondern „versehentlich“ auch eigenes Gewebe angreift und zerstört. Das kann auch anhalten, wenn die auslösende Infektion schon vorbei ist – das Immunsystem ist dann falsch programmiert.

Fehlende Toleranz
Eine grundlegende Fähigkeit der Immunabwehr ist es, zwischen fremden und eigenen Strukturen zu unterscheiden. Nur so kann sich eine Abwehrreaktion auf die Bekämpfung der schädlichen Einflüsse beschränken und den Organismus selbst verschonen. Geht diese Fähigkeit verloren, kommt es zum Angriff auf den eigenen Körper.

Geerbte Empfänglichkeit
Bei der Entstehung einer Autoimmunität spielen auch die Gene eine wichtige Rolle. Einige Autoimmun-Erkrankungen kommen gehäuft in Familien vor. Sie werden nicht direkt vererbt, aber die geerbte Veranlagung erhöht das Risiko, eine solche Krankheit zu entwickeln. Wirken dann auslösende Umweltfaktoren, wie zum Beispiel eine Infektion, auf das Immunsystem ein, kann die falsche Abwehrreaktion entstehen und die autoimmune Erkrankung beginnt.

Große Verbreitung
Gegen den eigenen Körper gerichtete Angriffe des Immunsystems sind die Grundlage vieler Erkrankungen in nahezu allen Gebieten der Medizin. Mehr als 60 verschiedene Krankheitsbilder zählen dazu. Oft beginnen die Autoimmun-Erkrankungen schon bei jungen Menschen. Entzündliches Gelenkrheuma, Multiple Sklerose oder die Schuppenflechte sind bekannte Beispiele. Autoimmune Lebererkrankungen sind dagegen wenig bekannt – sowohl bei Laien als auch bei vielen Ärzten.

Unterdrückende Therapie
Autoimmun-Krankheiten werden von den verschiedenen Fachärzten behandelt, je nachdem welches Organ oder Organsystem betroffen ist. Doch das Grundprinzip der Therapie ist einheitlich: die Unterdrückung der Abwehraktivität durch Medikamente, wie zum Beispiel Cortison. Um die selbstzerstörerische Wirkung der Abwehr zu verhindern, muss das gesamte Immunsystem gedrosselt werden – das ist ein schmaler Grat. Denn eine zu starke Wirkung der Therapie bedeutet, dass keine ausreichenden Abwehrkräfte gegen andere Krankheiten zur Verfügung stehen.

Bei einigen Autoimmun-Erkrankungen stehen auch Therapien zur Verfügung, die gezielt wirken. So kann bei einer häufigen Form der autoimmunen Lebererkrankungen, der Primär biliären Zirrhose, eine spezielle Gallensäure dazu beitragen, die Leberzellen vor dem Angriff des Immunsystems zu schützen.

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